Strafbefreiende Selbstanzeige

Die strafbefreiende Selbstanzeige als persönlicher Strafaufhebungsgrund beseitigt rückwirkend den bereits entstandenen Strafanspruch des Staates und ist gem. § 371 AO nur möglich, wenn die Tat noch nicht entdeckt ist. Der Anwendungsbereich der strafbefreienden Selbstanzeige bezieht sich auf 

  • die täterschaftlich begangene vollendete Steuerhinterziehung, 
  • die täterschaftlich begangene vollendete Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall, 
  • die versuchte Steuerhinterziehung und 
  • bei der Anstiftung oder Beihilfe zur Steuerhinterziehung. 

Sie kommt nicht in den Bereichen des Bannbruchs, der Steuerhehlerei, des gewerbsmäßigen, gewaltsamen oder bandenmäßigen Schmuggels und bei der Begünstigung einer Steuerhinterziehung zur Anwendung. Die strafbefreiende Wirkung der Selbstanzeige kommt grundsätzlich nur der Person zugute, die sämtliche erforderlichen Tatbestandsmerkmale des § 371 AO in seiner Person erfüllt. Deshalb muss bei mehreren Tatbeteiligten für jede Person gesondert untersucht werden, ob alle zur Straffreiheit führenden Voraussetzungen des § 371 AO für die jeweilige Person gegeben sind. § 371 I AO regelt die Nacherklärung, in Abs. 2 werden die Ausschlusstatbestände aufgeführt, Abs. 2a regelt die Straffreiheit im Bereich der Umsatzsteuervor- und Lohnsteueranmeldung, Abs. 3 regelt die fristgerechte Nachzahlung bei Tatvollendung und der Abs. 4 umfasst die Strafbefreiung bei Dritten. Eine bestimmte Form der strafbefreienden Selbstanzeige ist vom Gesetz nicht vorgeschrieben. Sie kann somit auch mündlich oder zu Protokoll der Behörde wirksam erklärt werden. Aus Beweisgründen empfiehlt sich jedoch die schriftliche Form. Inhaltlich erfordert sie nach § 371 AO in den Fällen des § 370 AO die Berichtigungen, Ergänzung oder Nachholung von unrichtigen, unvollständigen oder unterlassenen Angaben gegenüber der Finanzbehörde. Der Selbstanzeiger muss also neue, der Wahrheit entsprechende Angaben vortragen. Der zuständigen Finanzbehörde muss durch die Angabe in der Selbstanzeige selbst ermöglicht werden, ohne komplizierte und langwierige Nachforschungen den wahren Sachverhalt aufzuklären und den richtigen Steuerbetrag zu errechnen. Inhaltlich nicht ausreichend sind daher der Antrag auf Durchführung einer Außenprüfung, die Bitte um Nachprüfung einer Steuererklärung, weil andere angeblich ihre Unrichtigkeit behaupten, das zur Verfügung stellen von Buchungsunterlagen zur Prüfung, die Nachzahlung hinterzogener Steuern auch in den Fällen, in denen erkennbar ist, von wem die Zahlung stammt sowie die Ankündigung einer Selbstanzeige. Die Selbstanzeige kann grundsätzlich von jedem Tatbeteiligten erstattet werden. Unter Tatbeteiligten sind Täter, mittelbare Täter (§ 25 I StGB), Mittäter (§ 25 II StGB), Anstifter (§ 26 StGB) und Gehilfen (§ 27 StGB) zu verstehen. Adressat der Selbstanzeige ist die nach § 371 I AO örtlich und sachlich zuständige Finanzbehörde (vgl. § 6 AO). Sie kann auch gegenüber Außenprüfern und Fahndungsbeamten erstattet werden, wobei jedoch hier geprüft werden muss, ob der Ausschlussgrund des § 371 II Nr. 1a AO nicht bereits verwirklicht wurde. 

Die strafbefreiende Selbstanzeige setzt neben zwei positiven Voraussetzungen auch die negative Voraussetzung des Nichtvorliegens von Ausschlussgründen nach § 371 II AO voraus. § 371 II Nr. 1-4 AO schreibt verschiedene Ausschlussgründe vor. Das Vorliegen einer der Sperrgründe lässt die Freiwilligkeit, welche die Selbstanzeige erfordert, entfallen. Zeitliche Ausschlussgründe für die strafbefreiende Selbstanzeige sind die Bekanntgabe der Prüfungsanordnung, Einleitung des Straf- bzw. Bußgeldverfahrens, erschienene Amtsträger und die Tatentdeckung. Als tatbezogene Ausschlussgründe für die Selbstanzeige können Steuervorteile > 25.000 €, besonders schwere Fälle sowie Sonderregelungen bei Überschreitung der Grenze von < 100.000 €, < 1.000.000 € und > 1.000.000 € gelten.

Weiterhin ist zu prüfen, ob eine Berichtigung nach § 153 AO erfolgen kann oder eine Selbstanzeige im Sinne des § 371 AO notwendig ist.

Zum Umfang der Selbstanzeige ist zu beachten, dass diese vollständig sein muss. Zu prüfen ist daher, ob im Rahmen der betroffenen Steuerarten auch in früheren Jahren Steuerhinterziehungen begangen wurden, bei denen noch keine Verjährung eingetreten ist.